…Wettbewerb immer härter – Auch Kaffee von der Tankstelle bringt Shops in Bedrängnis.
Balzac Coffee und World Coffee fusionieren
Die beiden Hamburger Kaffeebar-Betreiber Balzac Coffee und World Coffee gehören fortan zusammen. So wollen die Unternehmen eine bessere Marktposition einnehmen, um in Zukunft weiter zu wachsen.
Die beiden Hamburger Unternehmen Balzac Coffee und World Coffee Company gehören seit Mittwoch zusammen, wie Balzac und Investor Granville Baird in Hamburg mitteilten. Die neu firmierende Balzac Coffee Company GmbH & Co KG wird demnach 57 Kaffeebars in 18 Städten betreiben.
Das neue Unternehmen mit 23 Millionen Euro Umsatz habe eine Größe und eine Marktposition, die eine gute Ausgangsbasis für die weitere Entwicklung böten, teilte Balzac-Gründerin Vanessa Kullman mit. Sie will aus dem Beirat heraus Einfluss auf das Unternehmen behalten, das in der Geschäftsführung von einer Doppelspitze geleitet wird.
Alle Mitarbeiter sollen übernommen werden, hieß es. War Balzac – gegründet 1998 – bisher auf die Städte Hamburg, Berlin, Hannover und Lübeck konzentriert, hatten sich die ein Jahr zuvor eingeführten World Coffee Shops über das Bundesgebiet ausgedehnt und Standorte auch in Städten wie Frankfurt, München und Wiesbaden.
Kaffeehausketten wie Balzac, Einstein oder Starbucks müssen auf Qualität setzen, um im härter werdenden Wettbewerb zu bestehen.
Der Coffee to go wird im Kaffeetrinkerland Deutschland immer beliebter. Kaffeespezialitäten mit aufgeschäumter Milch können nicht mehr nur in einem Coffeeshop oder im Café bestellt werden – neuerdings gibt es den Latte Macchiato auch an der Kasse der Tankstelle, beim Bäcker und im Dönerladen. Für die klassischen Kaffee-Ketten bedeutet das, dass sie sich qualitativ absetzen und wachsen müssen, wollen sie im Wettbewerb mit den Latte Macchiato von der Tanke bestehen.
„Es gibt wenige große und viele sehr kleine Anbieter“, sagt Jürgen Schnappinger, Geschäftsführer der Einstein Kaffee GmbH. „Das ist eine normale Marktentwicklung“, sagt auch Gretel Weiß, Herausgeberin des Branchenmagazins „Food Service“. „Angesichts des Wettbewerbs müssen die Ketten an Größe gewinnen.“
Das belegt auch ein Blick in die Statistik: So kommt der McDonald’s-Ableger McCafé auf rund 730 Läden, gefolgt von Tchibo mit rund 530 und Starbucks mit 144 Läden in Deutschland. Segafredo hat laut „Food Service“-Statistik etwa 100 Coffeeshops, Lavazza kommt auf etwas weniger. Der Großteil der Ketten liegt jedoch bei 50 oder weniger Filialen und hat einen regionalen Schwerpunkt, so zum Beispiel Berlin bei Einstein Kaffee. Rund 2100 Coffeeshops gibt es in Deutschland, um 6,3 Prozent wuchs die Branche im vergangenen Jahr.
Nach ihrem jüngsten Zusammenschluss kommen Balzac Coffee und die World Coffee Company auf 58 Kaffeebars in deutschen Städten und haben damit die kritische Masse von über 50 Läden erreicht, die „Food Service“-Herausgeberin Weiß für nötig hält, um dauerhaft am Markt zu bestehen. „Das neue Unternehmen hat jetzt eine Größe und eine Marktposition, die eine gute Ausgangsbasis für die weitere Entwicklung bieten“, sagt Vanessa Kullmann, die Balzac 1998 mit ihrer Schwester gegründet hatte und im neuen Unternehmen im Beirat sitzen wird.
Trotz Konkurrenz durch Bäcker, Dönerläden und Tankstellen rechnet die Branche weiter mit Wachstum. „Da ist noch viel Potenzial drin“, sagt Weiß. Auch der Deutsche Kaffeeverband ist optimistisch: „Der Markt hat noch ein großes Entwicklungspotenzial“, sagt Geschäftsführer Holger Preibisch. „Es gibt viele kleine Städte in Deutschland, in denen der Coffee to go noch nicht angekommen ist.“
Preibisch spricht von einem unentdeckten Bedarf bei den Kunden: Auch wenn viele Deutsche nach wie vor ihren Kaffee zu Hause trinken, nehmen sie auch den Coffee to go und den Cookie an, sobald ein Coffeeshop in ihrer Gegend eröffnet. Dazu kommt, dass ein Deutscher im Schnitt 21 Tassen Kaffee pro Woche trinkt, während der durchschnittliche Kaffeekonsum weltweit pro Person bei 14 Tassen pro Woche liegt.
McCafé hat das unentdeckte Potenzial in kleinen Städten und auf dem Land bereits erkannt. Die Kette eröffnet in diesem Jahr rund 20 neue Kaffeebars. Jeder dritte Besuch in einem Coffeeshop in Deutschland findet inzwischen in einem McCafé statt. Die Kette hat im Vergleich zu Kaffeebars in teuren Innenstadtlagen den Vorteil, dass sie mit ihren Kaffeeautomaten meist in bereits bestehende Fast-Food-Restaurants der weitverbreiteten Muttermarke McDonald’s einzieht und von deren Kundschaft profitiert.
Kleinere Unternehmen wollen sich über Qualität profilieren, wie beispielsweise Balzac und die Berliner Kette Einstein. Beide haben jeweils eine eigene Rösterei und wollen mit Qualität und Handarbeit punkten. Einstein setzt beim weiteren Wachstum auch auf die Vergabe von Franchise-Lizenzen. So gibt es inzwischen auch ein Einstein-Kaffeehaus in der ägyptischen Hauptstadt Kairo.
Zuletzt bekam das Unternehmen Anfragen aus Asien. „Wir schauen uns vorher sehr genau an, wo wir hingehen“, sagt Geschäftsführer Jürgen Schnappinger. Ein nachvollziehbares Vorgehen, schließlich ging die Kette 2002 pleite, unter anderem wegen zu hoher Mieten in Premium-Lagen. Schnappinger kaufte einen Teil der Läden auf. „Für mich war die Pleite die Chance, ein Unternehmen neu aufzumachen“, sagt er. Den guten Namen behielt er bei.
Starbucks, der amerikanische Platzhirsch mit weltweit rund 17.000 Filialen, weitet derweil sein Geschäftsfeld mit dem Verkauf von Kaffeeprodukten im Supermarkt aus. „Damit erreichen wir Konsumenten in Regionen, in denen wir bisher nicht mit einem Coffeehouse vertreten sind“, heißt es bei Starbucks. Die Kette aus San Francisco bereitet in diesen Wochen die Eröffnung des ersten Coffee-Drive-Thru in Deutschland vor, auch das ein logischer Schritt, um der Konkurrenz durch Tankstellen und Raststätten zu begegnen.